Innovationen aus Würzburg
Der erste Würzburger Healthcare-Hackathon fand am 25. und 26. Januar im „Treffpunkt Tower“ statt. Das Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) hatte motivierte kreative Köpfe geladen, um in Teamarbeit digitale Antworten auf drängende Fragen des Gesundheitswesens zu finden.
Die Regeln
Die Themen waren eingereicht worden von Ärztinnen und Ärzten, die in ihrem Alltag vor realen Problemen stehen, für die es bisher noch keine Lösungen gibt. Dieser praxisorientierte Ansatz des Events überzeugte auch SYSTHEMIS: „Als wir im Dezember vom Healthcare Hackathon erfuhren, haben wir relativ schnell entschieden, dass wir uns beteiligen. Es ist toll, dass so ein Event in Würzburg stattfindet. Das ist genau der Bereich, auf den wir spezialisiert sind“ sagt Vorstand Steffen Hock. Deshalb unterstützte SYSTHEMIS die Veranstaltung nicht nur als Sponsor, sondern stellte auch ein Entwicklerteam.
Aus der Themenliste durfte sich das Team, bestehend aus Dominik Rose, Alexander Gerbig und Martin Awerjanow nun zwei Themen aussuchen, von denen es am Vorabend des Hackathons eines zugewiesen bekam: die Entwicklung einer mobilen App zur Betreuung von Patienten mit Kopf- und Halskrebs, einschließlich Symptomtagebuch, Informationszentrum und Kontaktmöglichkeit zu Ärzten.
Dem Team mit Rat und Tat zur Seite stand während des Events Dr. med. Christian Wilhelm vom Uniklinikum Würzburg, der das Thema eingereicht hatte. Während der Pandemie war die Kommunikation mit seinen Patienten stark eingeschränkt gewesen, was ihn auf die Idee brachte, dass eine gemeinsame App für Arzt und Patienten den kontinuierlichen Kontakt gewährleisten könne. Sie soll es den Patienten ermöglichen, ein Symptomtagebuch zu führen oder Termine zu vereinbaren. Des Weiteren soll sie aber auch den Arzt in die Lage versetzen, über die App Kontakt aufzunehmen, beispielsweise um Feedback zum Symptomtagebuch zu geben. Eine vergleichbare App gibt es bereits in den USA, aber in Deutschland wird den Patienten ein solches Werkzeug bislang nicht angeboten.
An die Arbeit
Mit diesen Anforderungen an der Hand machte sich das Team an die Arbeit: „Es gab die Option, die App nativ auf den Betriebssystemen Android und iOS zu entwickeln. Das hätte aber sehr lange gedauert und schien uns in der begrenzten Zeit nicht zielführend.“, so Alexander Gerbig. „Deshalb haben wir uns für eine Progressive Web App (PWA) entschieden, also eine Webseite, die auf dem Homescreen des mobilen Endgeräts installierbar ist. Mit der Technologie sind wir vertraut und konnten so, basierend auf einem Angular-Frontend, schnell eine funktionsfähige Lösung entwickeln.“
Durch die langjährige gemeinsame Erfahrung fiel die Aufgabenteilung leicht, so Martin Awerjanow: „Das hat sich einfach so ergeben. Wir haben alle damit begonnen, Grundanwendungen aufzusetzen. Alex hat die Grundstruktur für Backend und Frontend aufgesetzt, während ich mich dem Symptomtagebuch und der grafischen Darstellung der Ergebnisse gewidmet habe. Dominik hat die Registrierung sowie das Login programmiert und später noch das Repository und die Präsentation vorbereitet. Dabei haben wir alle darauf geachtet, barrierefreie Komponenten zu nutzen.“
Das Team war aufgrund des Zeitdrucks darauf bedacht, möglichst parallel zu arbeiten, wie Martin Awerjanow verrät: „Wir haben meist getrennt voneinander an den unterschiedlichen Bausteinen gearbeitet und diese dann Stück für Stück verknüpft. Wir haben aber immer gesehen, woran der Andere gerade arbeitet und wo wir anschließend ansetzen können.“
Die Preisverleihung
Der Andrang bei der Präsentation und Preisverleihung war so groß, dass sie kurzfristig in einen größeren Raum verlegt werden musste. Neugierige Mediziner und Forschende aus verschiedenen Abteilungen kamen zusammen, um zu erfahren, was die Hacker in zwei Tagen auf die Beine gestellt hatten. Ursprünglich war vorgesehen, dass nur die Jury Nachfragen zu den Präsentationen stellen sollte. Schon bald ergab sich jedoch eine offene Fragerunde unter Einbindung des Publikums, so groß war das Interesse an den Ergebnissen.
Die App des SYSTHEMIS-Teams beeindruckte vor allem durch den Umfang der umgesetzten Funktionen. Die Jury erkannte und lobte zudem die gut strukturierte technische Basis, die Dokumentation und das organisierte Vorgehen des Teams, das in nur zwei Tagen den Grundstein für eine sichere Anwendung geschaffen hat, die so zukünftig tatsächlich in Praxen und Kliniken benutzt werden könnte. Das reichte für einen starken 3. Platz und 400 Euro Preisgeld.
Und so fällt das Fazit unserer Hacker durchweg positiv aus, wie Dominik Rose berichtet: „Es hat einfach Spaß gemacht. Ich habe schon im Studium an Hackathons teilgenommen, dass es jetzt Teil meiner Arbeit ist, fühlt sich etwas nostalgisch an.“ Der Hackathon nimmt für das SYSTHEMIS-Team ein kulinarisches und gemütliches Ende. Auf Kosten der Firma luden die drei Teilnehmer ihren Themengeber Christian Wilhelm zum Essen ein. Ihm fiel außerdem die schöne Aufgabe zu, eine sinnvolle Verwendung für das Preisgeld zu finden: „Natürlich wollten wir, dass das Geld an eine Stelle wandert, wo es auch etwas bringt, und da kennt Christian sich am besten aus. Es sollte auf jeden Fall in den Bereich fließen, für den wir auch die App entwickelt haben.“, so Dominik Rose. Die Spende wird nun an das Selbsthilfenetzwerk Kopf-Hals-Mund-Krebs gehen, das Patienten und Angehörige bundesweit unterstützt.
Ausblick
Die Teilnahme war in verschiedener Hinsicht bereichernd. Die hochwertigen Ergebnisse der Teams, die in kurzer Zeit entstanden sind, ermutigen dazu, den Ansatz des Rapid-Prototyping auch im Tagesgeschäft häufiger einzusetzen. „Wir werden der Methode wieder mehr Platz einräumen und damit Projekten, wenn es passt, einen Kickstart verschaffen.“ denkt Michael Amthor, Leiter der Software-Entwicklung, über die Zukunft nach.
Und wie geht es weiter mit dem Projekt? Die Prüfung einer Weiterführung der Entwicklung der App bis in einen produktiven Zustand ist noch nicht abgeschlossen. Vorab sind aber verschiedene Fragen zu beantworten, wie beispielsweise die Finanzierung (z.B. als DIGA¹) und die Möglichkeiten zur Einbettung in die TI der gematik (bspw. in Kombination mit dem TI-Messenger²). „Die hohen Anforderungen an Datenschutz und Informationssicherheit einerseits und Notwendigkeit einer einfachen und intuitiven Bedienbarkeit andererseits stellen genau die Art anspruchsvoller Aufgabenstellung dar, der wir uns in unseren Kundenprojekten regelmäßig stellen dürfen.“ weiß Vorstand Steffen Hock.
Unabhängig davon, wie die Entscheidung ausfällt, war das Event ein großer Erfolg und SYSTHEMIS wird auch im kommenden Jahr wieder als Unterstützer des Healthcare Hackathon Würzburg dabei sein.