Der Mikrokredite-Circle
Seit 2019 bietet die SYSTHEMIS AG ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Möglichkeit, organisiert in kleinen Arbeitsgruppen selbst Verantwortung für ein gemeinsames Thema zu übernehmen und so das Betätigungsfeld und das Profil des gesamten Unternehmens mitzuprägen. Heute wollen wir den Mikrokredite-Circle vorstellen, der sich der Entwicklungshilfe in bedürftigen Regionen widmet.
Eine Idee verändert die Welt
„Es kann keinen echten Frieden geben, wenn große Teile der Bevölkerung keinen Weg aus der Armut finden.“ Mit diesen Worten begründete das Osloer Nobelkomitee 2006 seine Entscheidung, den Friedensnobelpreis überraschend an einen Ökonomen aus Bangladesch zu vergeben, und führte weiter aus: „Eine positive ökonomische Entwicklung ist der Garant für Menschenrechte. Auch kann man kein vollwertiges Wachstum und Demokratie erreichen, wenn die Hälfte der Menschen, die Frauen, nicht gleichberechtigt ist.“
Der Name des Preisträgers war Muhammad Yunus und seine Idee so simpel wie bahnbrechend: schon mit geringen Beträgen kann ein mittelloser Mensch in einer armen Region der Welt, der eine Geschäftsidee hat, die ersten großen Schritte aus seiner unverschuldeten Abhängigkeit gehen. Nur vergeben gewöhnliche Banken keine Kredite an Mittellose, schon gar nicht ohne Sicherheiten. Und so lieh Yunus den Menschen in seiner Nachbarschaft zunächst sein eigenes Geld. Nach den ersten Erfolgen schaffte es der junge Ökonomieprofessor 1976, seine Universität in Chittagong davon zu überzeugen, die Kreditvergabe als Entwicklungsprojekt weiterzuführen, was 1983 gar in der Gründung der Grameen Bank mündete, eines Kreditinstituts, das sich allein der Vergabe von Mikrokrediten verschrieb und dessen erster Managing Director Muhammad Yunus wurde.
Mehr als eine Spende
Mittlerweile gibt es zahlreiche Organisationen und Institute, die das Konzept übernommen haben und weltweit Mikrokredite vergeben. Im digitalen Zeitalter können Kreditgeber per Onlineplattform gezielt aus tausenden Kleinunternehmern und Privatperaonen in den verschiedensten Regionen der Welt diejenigen aussuchen, deren Geschäftsmodell sie unterstützen wollen. Doch wie kam die SYSTHEMIS dazu, einen Circle für Mikrokredite zu gründen? Darüber haben wir mit Gründungsmitglied Michael Amthor gesprochen:
„Ich habe den Vorschlag damals für unsere jährliche Weihnachtsspende eingebracht. Er kam gut an, aber da wir in dem Rahmen vor allem regionale Organisationen und Projekte unterstützen, passte es nicht richtig rein. Deshalb haben wir als SYSTHEMIS beschlossen, uns doppelt zu engagieren und zusätzlich zur Weihnachtsspende den Circle Mikrokredite gegründet. Ich fand die Idee genial. Viel nachhaltiger geht es nicht, denn man kann dasselbe Geld ja immer wieder verleihen, sobald es zurückgezahlt wurde. Man kann ja dauerhaft Gutes tun mit den immer selben 1000 Dollar.“
Schlagzeuge und Waschmaschinen
Und mit genau diesem Startkapital begann es. Die SYSTHEMIS beteiligte sich mit jeweils 25 oder 50 Dollar pro Mikrokredit, viel Auswahl also für die Mitglieder des Circles, die immer dann zusammenkommen, wenn ein großer Teil des Geldes zurückgezahlt wurde, um sorgsam neue Projekte auszuwählen. Michael Amthor gewährt einen Einblick in diesen Prozess:
„Für gewöhnlich setzen wir uns zusammen und jeder bringt Vorschläge ein, die er unterstützenswert findet. Das kann aus allen möglichen Sektoren sein: Bildung, Kunst, täglicher Bedarf. Wir legen Wert darauf, Leute zu unterstützen, die mit dem Kredit etwas auf die Beine stellen wollen, gerne auch nachhaltig. Wenn jemand seinen Familienbetrieb ausbauen will, Saatgut oder Dünger für seine Farm benötigt, in die Bildung seiner Kinder investieren will, ein Laptop für sein Studium benötigt, dann haben wir ein gutes Gefühl bei der Sache.
Was die Länder betrifft, verleihen wir hauptsächlich in arme Regionen der Welt, wo wir das Gefühl haben, dass wir mit unseren geringen Summen wirklich etwas bewegen können: das kann ein Musiker aus dem Kosovo sein, der mit einem neuen Schlagzeug auf Dorffesten den Menschen eine Freude bereitet und dabei noch seinen Lebensunterhalt bestreitet. Das kann eine Frau aus Peru sein, die mit dem Kauf einer Waschmaschine einen eigenen Waschsalon eröffnet und damit ihre ganze Familie ernährt.“
Ein Circle für die Zukunft
Drei Jahre und über 70 Mikrokredite später ist die Arbeitsgruppe ein voller Erfolg. Knapp viermal wurde das Startkapital inzwischen neu verliehen, nur 41 Dollar Verlust stehen in der Bilanz. Diese sind allerdings zurückzuführen auf schwankende Umtauschraten, denn zurückgezahlt wurden die Kredite allesamt. Damit bestätigt sich, was Muhammad Yunus schon vor fast einem halben Jahrhundert wusste: Wer Armut bekämpfen will, der muss in Menschen investieren: in ihre Talente, in ihre Träume und in den unbändigen Willen, das Leben jeden Tag ein Stück besser zu machen.